Testosteron
Testosteron ist das wichtigste männliche Sexualhormon – es ist das Testosteron, was einen Mann zum Mann macht.
Höchstwahrscheinlich ist es auch das Testosteron, dass Männer muskulöser als Frauen sein lässt und was manche Männer (vermutlich diejenigen mit höherem Testosteronspiegel) naturgemäß muskulöser macht als andere (diejenigen mit weniger Testosteron), sei es aufgrund ihres Alters, Krankheit oder genetischen Anlagen.
Da Testosteron das einzig wichtige Hormon ist, das das Muskelwachstum beeinflusst, ist es wichtig, die verschiedenen Formen dieses Steroids zu verstehen.
Zuerst möchten wir über das Steroidhormon sprechen und wie jedes Steroid, ist Testosteron eine Ableitung des Cholesterins. Nicht genug Cholesterin in der Diät? Dann wird der Testosteronspiegel wahrscheinlich sinken.
Bei Männern wird die Testosteronsynthese durch die HPTA (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse) reguliert, was bedeutet, dass der ganze Prozess der Testosteronfreisetzung im Gehirn beginnt (der Hypothalamus ist ein Teil des Gehirns, der für die Verbindung zwischen neuronalen und endokrinen Systemen verantwortlich ist).
Deshalb sollte es auch niemanden verwundern, dass bestimmte mentale Stimulationen den Testosteronspiegel erhöhen können (zum Beispiel die Anwesenheit einer „sexuell empfänglichen“ Frau – was für ein schöner wissenschaftlicher Begriff…) Für diejenigen, die schnell daraus Schlüsse ziehen wollen – bitte denkt daran, dass in diesen Situationen auch katabolische Glukokortikoide freigesetzt werden :(
Die Kaskade sieht so aus: Der Hypothalamus setzt das GnRH (Gonadotropin-Releasing Hormon) frei, welches die Hypophyse stimuliert, FSH (follikelstimulierendes Hormon) und LH (luteinisierendes Hormon) freizusetzen. Diese beiden Hormone wiederum stimulieren die Testosteronfreisetzung in den Hoden.
Mehr Testosteron im System bedeutet mehr Aufbau, deshalb kann es eine gute Idee sein, den Wert künstlich oder natürlich zu erhöhen. Der einfachste Weg wäre es, sich Testosteron oder eine verwandte Substanz in den Muskel zu spritzen (diese Gruppe Substanzen nennt man AAS – anabole androgene Steroide)
Sehr gut, aber wir haben dem Körper die Information gegeben, dass nun zu viel Testosteron im Blut ist und dass die natürliche Synthese gestoppt werden soll. Sportler, die AAS einnehmen, müssen deshalb mit Phasen von geistiger und sexueller Erregung, gleichwohl aber auch langen und schmerzhaften Phasen von Depressionen, Verlust der Libido und Impotenz leben. Im schlimmsten Fall kann die natürliche Testosteronsynthese überhaupt nicht wiederhergestellt werden.
Deshalb können wir vielleicht eine andere Strategie wählen – die natürliche Testosteronsynthese ankurbeln. Es gibt einige Pflanzen und Lebensmittel mit Testosteron-ankurbelnden Eigenschaften, aber zunächst sollte man erst einmal denjenigen aus dem Weg gehen, die den Testosteronspiegel senken: alle Sojaprodukte, Lakritze, Minze.
Leider ist nicht alles im Blut befindliche Testosteron dort frei verfügbar, wo wir es gern hätten. Vieles ist an SHBG (Sexualhormon bindendes Globulin) gebunden und ein Teil wird durch das Enzym Aromatase in das weibliche Sexualhormon Östradiol umgewandelt.
Was kann außerdem den Testosteronspiegel beeinflussen? Fettleibigkeit. Es gibt eine sehr, sehr deutliche Verbindung zwischen übermäßigen Fetteinlagerungen im Körper und einem gesenkten Testosteronspiegel. Fettzellen produzieren das Enzym Aromatase, welches, wie bereits erwähnt, das Testosteron in Östradiol umwandelt. Somit sind nicht nur die männlichen Sexualhormone niedrig, sondern die weiblichen Sexualhormone sind bei fettleibigen Menschen erhöht.
Häufiger Alkoholkonsum, Hungern und eine sehr hohe Proteinzufuhr werden ebenfalls mit niedrigen Testosteronspiegeln in Verbindung gebracht.
Widerstandstraining wurde lange mit der Erhöhung von Testosteron und Wachstumshormon in Verbindung gebracht, aber diese Korrelation ist nicht sehr stark und Wissenschaftler sind sich über diesen Einfluss auf anabolische Prozesse nicht sicher.
Rasse, Alter, Geschlecht
Männer haben einen ungefähr 7 Mal so hohen Testosteronspiegel wie Frauen und dieser sinkt ab einem Alter von 35 bis 40 Jahren ungefähr 1 bis 2 % pro Jahr.
Die meisten Leute glauben, dass Menschen mit afrikanischer Abstammung höhere Testosteronspiegel haben: Afrikanische Männer neigen dazu, muskulöser zu sein, tiefere Stimmen zu haben und sind häufiger impulsiv als Kaukasen oder Asiaten.
Amerikaner mit afrikanischer Abstammung erkranken auch häufiger an Prostatakrebs, was gewöhnlich einer langzeitigen Testosteroneinnahme zugeschrieben wird.
Theoretisch können diese höheren Testosteronspiegel oder vielleicht mehr androgene Rezeptoren bei Afro-Amerikanern damit erklärt werden, dass diese meist Abkömmlinge derer sind, die als Sklaven unter sehr schwierigen Bedingungen in die Neue Welt gebracht wurden.
Nur die Starken wurden wahrscheinlich als Sklaven verkauft und nur die Stärksten haben unter den unmenschlichen Bedingungen der Reise überhaupt überleben können. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21968274 )
Interessanterweise konnten zahlreiche Messungen diese Theorie nicht bestätigen. Eine Studie von Osegbe und Ogubkewe (University of Lagos, Nigeria) zeigte 1998, dass eine höhere Verbreitung von Prostatakrebs unter Afrikanern nicht auf Androgene zurückgeführt werden kann, da diese einen den Europäern sehr ähnlichen Testosteronspiegel haben.
Die größte je durchgeführte Analyse an 1637 weißen Amerikanern, Mexiko-Amerikanern und schwarzen Amerikanern bewies, dass es bei weißen und Mexiko-Amerikanern keinen signifikanten Unterschied gibt. Afro-amerikanische Männer hatten einen etwas höheren Testosteronspiegel, der auf die niedrigere Anzahl verheirateter Männer in dieser Gruppe zurückgeführt wurde (wie wir wissen, ist der Testosteronspiegel von verheirateten Männern niedriger als bei den alleinlebenden). http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19639516
Natürlich kann es viele andere und weniger verständliche Gründe für die besseren sportlichen Fähigkeiten von Afro-Amerikanern geben: Umwandlung zu DHT, Aromatisierung, AR-Sensibilität, Östrogenspiegel und viele andere.
Andererseits implizieren einige andere Studien, dass es eigentlich signifikante Unterschiede in den Testosteronspiegeln zwischen verschiedenen Rassen gibt. Sie erklären die höhere Verbreitung von Prostatakrebs in manchen Populationen durch viel höhere Belastung von Testosteron in ihrer Jugend.
Testosteronbelastung im Mutterleib
Es gibt keine Zweifel daran, dass die Testosteronbelastung vor der Geburt (im Mutterleib) eine wichtige Rolle für die physischen und psychologischen Merkmale eines Individuums spielt.
Die Testosteronbelastung in der Gebärmutter ist anders als die des Testosteronspiegels bei einem Erwachsenen und es kann, muss aber auch keinen Unterschied zwischen den beiden geben.
Menschen mit einer höheren Belastung in der Gebärmutter sind weniger anfällig für einige kardiovaskuläre Probleme, neigen zu einer männlicheren Erscheinung und sind selbstbewusster (das gilt auch für Frauen).
Die Vorteile einer geringeren Belastung sind weniger erforscht, aber es gibt sicher auch davon viele.
Quickcheck: je länger der Ringfinger im Vergleich zum Zeigefinger ist, desto höher war die Testosteronbelastung im Mutterleib.
Wirkungsmechanismus
Während es ein gut etablierter Fakt ist, dass Testosteron das Muskelwachstum beeinflusst, ist der Wirkungsmechanismus kaum verstanden.
Die Stimulation der AR (Androgenrezeptoren) sowohl durch Testosteron als auch DHT (welches ein noch stärkerer Stimulator ist) ist zumindest für einen Teil des Muskelwachstums verantwortlich. Dies ist aus der Sicht der Bodybuilder besonders wichtig, da das Widerstandstraining dafür bekannt ist, die AR-Konzentration im Skelettmuskelgewebe zu erhöhen.
Ein erhöhter Testosteronspiegel wird mit der Produktion von Wachstumsfaktoren und erhöhter peripherischer Sensibilität von Wachstumshormon und IGF (insulinähnlichen Wachstumsfaktoren) in Verbindung gebracht. Das Gegenteil trifft bei Östrogenen, zumindest bei einigen Tierarten, zu (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21703268 ).
Einige der testosteron-anabolischen Effekte können wahrscheinlich auf deren anti-glukokortikoide Wirkung zurückzuführen sein. Testosteron verdrängt Glukokortikoide von ihren Rezeptoren. Das ist wichtig, weil Glukokortikoide, insbesondere Kortisol, potent katabolismusfördernd sind.