
Hypertrophie versus Hyperplasie
Eine Langzeit-Debatte unter Wissenschaftlern, Trainern und Sportlern gibt es über die Herkunft des Muskelwachstums bei Menschen.
Eine Lehre vertritt die Meinung, dass die Zunahme des Muskelwachstums ausschließlich aus dem ansteigenden Umfang der einzelnen Muskelfasern herrührt (Hypertrophie).
Die gegenteilige Meinung behauptet, dass die menschlichen Muskelfasern bei trainierten und nicht trainierten Menschen grundsätzlich die gleiche Größe haben, jedoch die erhöhte Anzahl der Muskelfasern der Grund für das Wachstum der Muskelmasse ist.
Seltsam genug, dass wissenschaftliche Forschungen keine eindeutigen Ergebnisse liefern konnten.
Die 1994 veröffentlichte Publikation von Abernethy & Coll. besagt: „Ein Zuwachs des Muskelquerschnitts nach dem Widerstandstraining kann vorwiegend der Faserhypertrophie zugeschrieben werden. Dabei kann es jedoch eine Obergrenze für diese Hypertrophie geben. Darüber hinaus scheint die signifikante Faserhypertrophie der Sequenz der schnell zuckenden vor der langsam zuckenden Faserhypertrophie zu folgen. Während einige indirekte Messungen der Faseranzahl an lebenden Menschen anscheinend keine interindividuelle Variation aufzeigen, ergaben Obduktionen, dass es eine gibt. Ebenso gibt es Daten aus Tierversuchen, die aus Untersuchungen hervorgingen, welche Protokolle von Widerstandstrainings verwendeten, die darlegten, dass chronisches Training zur Erhöhung der Anzahl der Muskelfasern führt. Weiterhin wurde die Satellitenzellenaktivität mit der Bildung von Myotuben beim Menschen in Verbindung gebracht. Jedoch unterstützen andere Tiermodelle (d. h. kompensatorische Hypertrophie) nicht die Ansicht von der Faserhyperplasie. Selbst wenn Hyperplasie tatsächlich auftaucht, scheint deren Auswirkung auf den Muskelquerschnitt gering zu sein.“
Studien, die die Hyperplasie-Theorie unterstützen
Die 1997 veröffentlichte Publikation von Tamaki & Coll. (http://ajpcell.physiology.org/content/273/1/C246.short ) kam zu dem Schluss, dass nach dem Widerstandstraining Muskelhyperplasie bei Ratten vorkam.
Im Jahr 1999 veröffentlichten Fawzi Kadi & Colleagues eine Studie, die folgerte, dass „Die Anwesenheit von Fasern mit kleinem Durchmesser, die Marker für die frühe Myogenese exprimieren, die Bildung neuer Muskelfasern zeigt.“ Diese Stellungnahme basiert auf der Beobachtung aus Biopsien von 10 Powerliftern und einer Kontrollgruppe von untrainierten Männern. (http://www.springerlink.com/content/t1yk0cm2pacx3yr7/ )
1988 nahm eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung von H.J. Appell von der Deutschen Universität für Sport Köln Biopsien von Personen, die 6 Wochen lang Ausdauertraining auf einem stationären Fahrrad absolvieren. Die Erkenntnis daraus war folgende: „In einigen Fällen wurden sehr kleine Muskelfasern mit zentralen Kernen gefunden. Auf ultrastruktureller Ebene stellte sich heraus, dass diese Fasern Myotuben sind. Daraus schloss man, dass diese Beobachtungen den Beweis für die Entwicklung neuer Muskelfasern darstellten.” (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3182162 )
1986 veröffentlichten W.J. Gonyea & Colleagues die Ergebnisse ihrer Studie an Katzen. Die Tiere waren für 101 Wochen Gegenstand eines Widerstandstrainings auf nur einem Bein. Am Ende dieses Zeitraums hatte das trainierte Bein 9 % mehr Muskelfasern als das untrainierte Bein. (http://www.springerlink.com/content/h18807t1286807l2/ ) Die Ergebnisse dieser Studie wurden durch eine andere Studie von Giddings und Gonyea 1992 bestätigt. (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ar.1092330203/abstract )
P.A. Tesch und L. Larsson überwachten die Biopsien von Bodybuildera und Gewichthebern. Ihre 1982 veröffentlichte Publikation wird von einigen als Beweis dafür verstanden, dass Hyperplasie in trainierten menschlichen Muskeln stattfindet.
(http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/6890445 )
Studien, die die Hypertrophie-Theorie unterstützen
In ihrem Artikel Die Anzahl der Muskelfasern im Bizeps brachii bei Bodybuildern und Kontrollgruppen von 1984 kamen J.D. MacDougall & Colleagues zu dem Schluss, dass im menschlichen Muskel keine Hyperplasie stattfindet: „Wir kommen zu dem Ergebnis, dass bei Menschen das Widerstandstraining, welches darauf abzielt, die maximale Größe der Skelettmuskeln zu erreichen, nicht daraus resultiert, dass die Anzahl der Muskelfasern zunimmt.“ Die Studie berechnete die durchschnittliche Faserdicke und Volumendichte des Kollagens von Nadel-Biopsien aus drei Gruppen: professionelle Bodybuilder, mittlere Bodybuilder und untrainierte Männer. (http://jap.physiology.org/content/57/5/1399.short )
Eine 1986 veröffentlichte Publikation von Taylor und Wilkinson (Durch Übung indiziertes Wachstum der Skelettmuskeln. Hypertrophie oder Hyperplasie?) legt ebenfalls dar: „Es wurde festgestellt, dass Hyperplasie nicht substantiiert ist und das Fasern, falls vorhanden, das Ergebnis der Entwicklung von Satellitenzellen sein können.“
Grund dafür, warum es einige andere Studien gibt, aus denen hervorgeht, dass Hyperplasie doch auftaucht, ist laut der Autoren eine falsche Zählung der Muskelfasern: „In Studien über die Querschnittsfläche des Muskels verursachen Fasern, die intrafaszikulär enden, Fehler. Das Längenwachstum solcher Fasern führt dazu, dass die Anzahl der Fasern für zu hoch eingeschätzt wird und bei der Verwendung von gefiederten Muskeln, bei denen die Fasern nicht parallel zur Längsachse des Muskels verlaufen, wird der Fehler noch verstärkt.“ (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/3520748 )
Zusammenfassung
George Kelley veröffentlichte 1996 eine Metaanalyse über Muskelhyperplasie bei Tieren. 17 verschiedene Studien wurden analysiert und folgende Schlussfolgerung gezogen: „Die Ergebnisse jeder dieser Studien zeigen, dass bei unterschiedlichen Tierarten bestimmte Formen mechanischer Überlastung die Anzahl der Muskelfasern erhöhten.
Da für Muskelhyperplasie bei Menschen keine solch maßgebliche Veröffentlichung existiert, scheint es so, als müssten wir noch ein paar Jahre im Düsteren tappen, bis das letzte Wort zu diesem Thema gesprochen wurde.