Krafttraining
Wenn man sich als Ziel setzt, das Maximum an Kraft zu erreichen, dann wird das Training ein bisschen anders als bei einem Bodybuilder aussehen.
Zuerst muss man verstehen, wie Kraft erzielt werden kann.
ZNS vs. Muskelgröße
Ohne ein Signal des Gehirns gibt es auch keine Muskelbewegung. Das ZNS (Zentrale Nervensystem) sendet ein Signal durch das periphere Nervensystem (die Nerven), welches die Muskelfasern aktiviert.
Das Signal ist jedoch nicht so einfach wie „kontrahiere den Bizeps“. Nein. Eigentlich ist dieses Signal eine sehr komplexe Nachricht: welche Fasern in dem Hauptmuskel aktiviert werden müssen, welche Fasern der unterstützenden Muskeln aktiviert werden müssen (Synergisten) und welche antagonistischen Muskelfasern gehemmt werden müssen.
Antagonistische Muskeln entwickeln normalerweise eine Counter-Kontraktion, sodass effektiv die resultierende Kraft eingeschränkt wird.
Ein weiterer wichtiger Teil der Nachricht, die das ZNS an die Muskeln sendet, ist, in welcher Reihenfolge und wie lang Muskelfasern aktiviert werden sollen.
Alles in allem ist dies eine sehr komplexe Aufgabe, für deren Erlernen das ZNS eine Weile braucht.
Die neurale Adaption ist in einem EMG-Grafen (Elektromyogramm) deutlich sichtbar, der die elektrische Aktivität in den Muskeln aufnimmt.
Und wie lernt das ZNS so etwas? Wir sollten eher fragen, wie wir unserem ZNS beibringen können, eine Übung zwingend mit der höchsten Effizienz durchzuführen. Die Antwort ist: indem wir sie einfach korrekt und mit dem richtigen Gewicht wiederholen.
In einer bekannten Studie aus dem Jahr 1979 (Neural Factors vs. Hypertrophy in Time Course of Muscle Strength Gain,' Am. J. Phys. Med. Rehabil., vol. 58, pp. 115-130, 1979) trainierten die Teilnehmer den Bizeps nur eines Arms. Die Ergebnisse waren erstaunlich: die untrainierte Hand wurde um 35 % gestärkt, die UNTRAINIERTE Hand wurde aber auch um 20 % stärker!
Dies ist ein klarer Beweis dafür, dass das ZNS einfach ein bestimmtes Muster aufgreifen kann, um bestimmte Bewegungen zu lernen. Ein erheblicher Teil der Kraft wird also durch die Verbesserung der ZNS-Signale bewirkt und nur teilweise durch das Muskelwachstum.
Sätze und Wiederholungen
Für einen Anfänger ist es angebracht, mit mehr Wiederholungen in einem Satz zu beginnen. Wenn man mit dem Krafttraining anfängt, muss man zunächst die richtige Körperhaltung und ordentliche Bewegungsabläufe lernen. Die Gelenke müssen nach und nach an die hohen Gewichte gewöhnt werden und die Synergisten müssen gestärkt werden, sodass man eine Übung ordentlich ausführen kann.
Viele Trainierende haben nicht genug Geduld und stürzen sich in das harte Training. Dies verursacht häufig zahlreiche Verletzungen. Diese können sofort auftreten, aber das ist nicht die Regel: man kann nach Monaten oder sogar Jahren, nachdem man mit dem Training begonnen hat, plötzlich Knie-, Schulter- oder Rückenprobleme bekommen.
Sogar erfahrene Sportler sollten eine neue Übung immer mit niedrigeren Gewichten und mehr Wiederholungen beginnen. Dies ist die erste Lernphase des ZNS, die niemals übersprungen werden sollte.
Die zweite Phase ist hartes Training mit wenigen Wiederholungen: zwischen 1 und 6.
Bis vor relativ kurzer Zeit war die vorherrschende Meinung unter Wissenschaftlern und Sportlern, dass wenige Wiederholungen (1 bis 5) die Kraft und eine durchschnittliche Anzahl von Wiederholungen (6 bis 12) das Muskelwachstum fördern.
Jetzt scheint es jedoch so, dass sowohl eine niedrige als auch eine durchschnittliche Anzahl von Wiederholungen die gleiche Muskelhypertrophie bewirken. (http://www.fisioterapeutasplugadas.com.br/EJAP_AGO_2002.pdf )
Kraft mit und ohne Muskelwachstum
Bei bestimmten Sportarten ist es aber tatsächlich erwünscht, dass man einen Stärkezuwachs ohne Gewichtszunahme (auch Muskelmasse) erzielt.
Dies ist bei Sportarten, wie z. B. Klettern oder Radfahren der Fall, in denen es einen Vorteil darstellt, leichter zu sein.
Bei Sportarten, wie z. B. Boxen oder Gewichtheben werden die Athleten in Gewichtsklassen eingeteilt, sodass auch da eine Gewichtsobergrenze angestrebt wird.
In diesem Fall ist es besser, das Gewicht mithilfe einer Diät zu kontrollieren. Das Training ist eigentlich das gleiche, aber die Kalorienzufuhr ist geringer.
Training für bestimmte Übungen
Aufgrund der Beschaffenheit der ZNS-Lernkurve ist es notwendig, dass man genau die Übung trainiert, die man ausführen will.
Darin unterscheidet sich das Krafttraining von dem der Bodybuilder. Beim Bodybuilding werden die Übungen vorzugsweise von Zeit zu Zeit geändert, um die Muskeln aller möglichen Partien zu trainieren.
Wenn man aber, sagen wir, 250 kg beim Bankdrücken schaffen will, muss der größte Aufwand beim Training dem Bankdrücken gelten. Andere Übungen werden sicher helfen, aber man muss wirklich dem Gehirn bei der Koordination aller Muskelfasern helfen, damit sie in der effektivsten Weise fit für das Heben des Maximalgewichts beim Bankdrücken sind.
Obwohl das offensichtlich erscheint, ist es das für manche nicht. Diese Tatsache basiert auf einer Untersuchung, die sich mit der Rolle des zentralen Nervensystems beim Gewichtheben befasste.
1976 führte eine Gruppe schwedischer Wissenschaftler unter der Leitung von A. Thorstensson eine Studie an 8 jungen Männern durch: diese machten zwei Monate lang Kniebeugen mit Gewichten.
Das Ergebnis nach 2 Monaten: Kraftzuwachs bei Kniebeugen mit Gewichten: über 70 %; Kraftzuwachs beim Beinstrecken: 0 %.
Neben dem vorwiegenden Training des Quadrizeps über einen längeren Zeitraum konnte also kein Kraftzuwachs für eine andere Übung, die aber denselben Muskel involvierte, festgestellt werden (es muss jedoch erwähnt werden, dass keine Zunahme von Muskelmasse festgestellt wurde, also war die Diät der Athleten wohl eine sehr maßvolle – mit einer ordentlichen Diät und Muskelwachstum hätte sich ihre Leistung beim Beinstrecken vielleicht verbessert, aber nicht so deutlich, wie die für die trainierte Übung).
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1748-1716.1976.tb00241.x/abstract
Grundlegende Methoden für das Krafttraining
Es gibt drei klassische Methoden des Krafttrainings, die ursprünglich von einem sowjetischen Sportwissenschaftler beschrieben wurden:
- Die Maximal-Effort-Methode. Verwendung des maximalen Widerstandes (über 90 % 1RM und häufig bis 100 % 1RM). Die beste Methode, um Kraft zu schaffen, kann aber nicht länger als ein paar Wochen absolviert werden. Es kann leicht zum Übertrainieren kommen.
- Die Dynamic-Effort-Methode. Verwendung von nicht maximalem Widerstand in maximaler Zeit. Diese Methode spielt in vielen Sportarten eine wichtige Rolle wie zum Beispiel dem Olympischen Gewichtheben, weniger beim Powerlifting.
- Wiederholungsmethode. Verwendung nicht maximalen Widerstandes (irgendwo zwischen 30 % 1 RM und 90 % 1 RM) und vielfache Wiederholungen. Das ist weniger effektiv als Maximal Effort, belastet aber das ZNS weniger.
Zahlreiche Forscher haben immer wieder bewiesen, dass die besten Ergebnisse mit dem Gewicht erreicht werden können, dass nahe dem des persönlichen Maximums entspricht. Schließlich ist in den meisten Sportarten das Ziel, eine einzige Wiederholung mit dem höchsten Gewicht zu erreichen.
Die meisten normalen Menschen können eine solche Trainingsmethode nicht lange durchstehen. Es gibt mehrere mögliche Arten, wie man das ständige Heben schwerer Gewichte umgehen kann und ich werde sie in Teil 2 dieser Serie unter KRAFT beschreiben.