Wirkt sich Gewichtheben auf das Wachstum bei Teenagern aus?
Teenager werden oft vom Bodybuilding angezogen. Das überrascht nicht: Pubertät ist die Zeit, in der gutes Aussehen und körperliche Anziehung besonders wichtig für fast jeden jungen Mann werden.
Ich habe mit dem Widerstandstraining in der Schulturnhalle angefangen, als ich 14 Jahre alt war. Das ist leider sehr lange her, aber ich erinnere mich sehr gut an alle Fehler, die ich gemacht habe und an all die Verletzungen, die ich (und meine Freunde) erlitten.
Ich erinnere mich auch daran, wie besorgt meine Eltern waren – sie waren sich sicher, dass ich ernsthaft übertrainieren würde, insbesondere deshalb, weil ich schweres Widerstandstraining mit Karate und Ausdauerlauf kombinierte.
In meinem Fall hatten sie vielleicht Recht, obwohl ich die „richtigen” Symptome für Übertraining, die ziemlich schlimm sein können, nicht durchlebt habe.
Eltern, Lehrer und sogar Trainer warnen Teenager oft vor dem Gewichtheben, geben Wachstumsstillstand als die wichtigste mögliche Nebenwirkung an.
Prüfen wir also die wissenschaftlichen Quellen und schauen, ob solche Ängste begründet sind oder nicht. Zunächst möchte ich jedoch erst den Wachstumsmechanismus des Menschen erklären und wie sportliche Betätigung ihn beeinflussen kann.
Epiphysenfuge – der Schlüssel zum Knochenwachstum
Die Röhrenknochen bei Kindern unterscheiden sich in ihrer Struktur gänzlich von den Röhrenknochen Erwachsener. Der erwachsene Knochen hat zwei Hauptteile: die Diaphyse (der lange Mittelteil des Knochens) und die Epiphyse (das abgerundete Ende an beiden Seiten des Röhrenknochens).
Bei Kindern und Teenagern im Wachstum gibt es einen dritten Teil zwischen der Diaphyse und der Epiphyse, der Epiphysenfuge genannt wird. Auch Wachstumsfuge genannt, ist die Epiphysenfuge ein Knorpel, der konstant neue Chondrozyten genannte Zellen produziert, die später ossifizieren – d. h. sie werden Teil des Röhrenknochens.
Die Wachstumsfugen ossifizieren vollständig nachdem man das Erwachsenenalter erreicht hat (was durchaus individuell ist, normalerweise im Alter zwischen 19 und 21). Die vollständige Ossifikation bedeutet, dass der Knorpel Teil des Knochens wird und nur eine dünne Linie am Übergang von Wachstumsfuge und Epiphyse, die Epiphysenfuge genannt wird, verbleibt.
Verletzung der Epiphysenfuge
Jetzt wissen wir, was eine Epiphysenfuge (oder Wachstumsfuge) ist und wie wichtig sie für das Knochenwachstum im Kindes- und Erwachsenenalter ist.
Was aber passiert, wenn sie verletzt – gebrochen, gequetscht oder verschoben – wird und was geschieht mit dem betroffenen Knochen?
Die Möglichkeit einer Verletzung der Epiphysenfuge ist genau der Grund, warum einige Ärzte Kindern und Teenagern von schwerem Widerstandstraining abrieten. Also vergiss den ganzen „Mehr Energie/Nährstoffe werden für das Training statt für das Wachstum verbraucht”-Quatsch. Der einzige Grund, warum Wissenschaftler, Ärzte und Trainer junge Leute vor dem Widerstandstraining gewarnt haben, ist das Risiko, dass die Wachstumsfugen beschädigt werden könnten.
In der Tat können Epiphysenfugen bei Trainingsunfällen beschädigt werden. Solche Unfälle sind nicht üblich, aber es gibt sie definitiv. Natürlich kann jeder fall, der Knochenbrüche verursacht, auch Wachstumsfugenverletzungen hervorrufen. Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, sind Skifahren oder das Klettern auf Bäume ebenso gefährliche Aktivitäten wie das Gewichtheben.
Um die 85 % heilen ohne bleibende Schäden. Die verbleibenden 15 % verursachen Deformationen an den betroffenen Knochen: entweder hört er auf zu wachsen oder er wächst anormal und mehr oder weniger schief.
Mit anderen Worten, ein Mensch mit einer Wachstumsfugenverletzung kann am Ende mit einem kürzeren Arm oder Bein dastehen.
Es ist wichtig zu bemerken, dass einige Epiphysenfugen mehr für das Wachstum zuständig sind als andere. Die aktivsten sind diejenigen am Knie. Deswegen müssen ernsthafte Knieverletzungen während der Kindheit und in der Pubertät in jedem Falle vermieden werden.
Wissenschaftlicher Bericht von Faigenbaum und andere Studien
Die wahrscheinlich vollständigste und am meisten ernstzunehmende moderne Arbeit über Bodybuilding von Teenagern ist „Youth resistance training: position statement paper and literature review” von A.D. Faigenbaum und zehn anderen Autoren, die alle führende, medizinische Autoritäten sind. Die Arbeit wurde 1996 geschrieben und 2009 aktualisiert.
Die Autoren beschäftigen sich insbesondere mit dem Thema möglicher Wachstumsprobleme bei jungen Menschen, die schweres Widerstandstraining betreiben.
Darin heißt es, dass „einige retrospektive Fallberichte Epiphysenfugenfrakturen im Jugendlichenalter aufzeigten, diese jedoch auf:
1. unsachgemäße Hebetechniken
2. Heben von Maximallasten
3. Fehlen qualifizierter Aufsicht durch Erwachsene.
zurückzuführen waren“
(Nummerierung von musqle.com hinzugefügt)
Die Arbeit bringt deutlich und wiederholt zum Ausdruck, dass ein gut gestaltetes und ordnungsgemäß beaufsichtigtes Widerstandstraining förderlich und gesund für Kinder und Jugendliche ist.
Sie erklärt auch, dass Epiphysenfugen bei jüngeren Kindern eigentlich noch stärker als bei Jugendlichen sind.
Eine andere wichtige Studie, „Canadian Society for Exercise Physiology position paper: resistance training in children and adolescents” bestätigt die positiven Auswirkungen des Widerstandstrainings und stellt in ihrer Einleitung fest: „Viele wissenschaftliche Berichte und schriftliche Evaluationen haben die Mythen widerlegt, die mit Widerstandstraining bei Kindern und Jugendlichen assoziiert werden. Mit angemessenen Trainingsmethoden kann das WT für Kinder und Jugendliche relativ sicher sein und die allgemeine Gesundheit verbessern.”