Bankdrücken – der ultimative Guide
Es gibt keinen Zweifel daran, dass das Bankdrücken unter den Bodybuilding-Übungen einen ganz besonderen Platz einnimmt. Es ist normalerweise die erste Übung, die Einsteiger erlernen. Viele Bodybuilder messen ihre Entwicklung an ihrer Verbesserung beim Bankdrücken. Es wird von vielen als die beste Oberkörperübung angesehen. Und so weiter.
Überraschenderweise verstehen die meisten Bodybuilder das Potential, die Gefahren und die Nuancierungen dieser komplexen Bewegung nicht wirklich.
Etwas aus der Geschichte
Anders, als man es vielleicht annehmen würde, ist das Bankdrücken eine neue Übung. Der Grund ist offensichtlich: man benötigt das richtige, speziell für das Bankdrücken entworfene Equipment. Tatsächlich gab es vor den 1940er Jahren außer den Kurz-, Lang- und Rundhanteln überhaupt kein Zubehör für das Bodybuilding.
Deswegen bestand das Training in dieser prähistorischen Phase des Bodybuildings hauptsächlich aus verschiedenen Überzügen und Bizepscurls. Die Brustmuskeln wurden, wie es heute für das Gewichthebetraining typisch ist, außen vor gelassen.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen ein paar Sportler, mit einer Übung namens Bodendrücken zu experimentieren.
Beim Bodendrücken drückt man die Hantel vom Fußboden hoch und hat deswegen einen kleineren Bewegungsradius. Das ist ein Nachteil, da die kürzere Bewegung weniger für die Muskelentwicklung geeignet ist, aber gleichzeitig ist das auch ein Vorteil, weil das Stoppen der Bewegung auf gleicher Höhe mit dem Rücken zu weniger Schulterproblemen führt, wie ich später noch erklären werde.
Das Bodendrücken wurde entweder mit kleinen Gewichten durchgeführt, indem die Langhantel über den Kopf gezogen wurde; oder die Gewichtscheiben waren so groß, dass der Sportler sich unter die Hantel legen konnte.
Georg Hackenschmidt, ein deutsch-russischer Ringer und Strongman hob 1898 Berichten zufolge 333 lb (151 kg) im Bodendrücken (als er 20 Jahre alt war).
Das war bevor Sportler anfingen, ihren Körper beim Bodendrücken zu krümmen (das Anheben der Hüften ermöglichte stärkeres Heben).
Das Bankdrücken, wie wir es heute kennen, wurde zwischen den 1940er und 1950er Jahren dank amerikanischer Bodybuilding-Magazine weit verbreitet.
1957 veröffentlichten zwei führende Zeitschriften den lang und viel zitierten Artikel “The Bench Press....Greatest Exercise of them all” (“Das Bankdrücken…Die größte aller Übungen”) und die Ära des “Königs Bankdrücken” begann.
Variationen und Techniken
Es gibt verschiedene Wege, wie man das Bankdrücken ausführen kann und hinter jedem verbirgt sich ein plausibler Grund.
Zunächst gibt es die Bodybuilding-Version: die Ellenbogen weg vom Rumpf, kein Krümmen des Körpers (soll bedeuten, der Oberkörper liegt während der Bewegung auf der Bank) und kein Zurückziehen der Schulterblätter (Zusammendrücken der Schulterblätter).
Der Griff ist etwas mehr als schulterbreit. Das ist es, was wir beim Bankdrücken “mittlerer Griff” nennen – schulterweiter Griff und alles, was enger ist, wird “enger Griff” genannt und der Trizeps ist der primär anvisierte Muskel.
Das Bodybuilding-Bankdrücken im mittleren Griff bezieht insbesondere die Brust (Musculus pectoralis major und Musculus pectoralis minor), den Trizeps (alle drei Köpfe) und den vorderen Teil der Schultern (vorderer Deltamuskel) mit ein.
Powerlifting-Bankdrücken ist ein bisschen anders. Zuallererst betont es aufgrund des engeren Griffs mehr den Trizeps. Außerdem – und das ist sehr wichtig – sind die Ellenbogen viel näher am Körper. Diese Technik verlagert den Schwerpunkt wieder mehr auf den Trizeps und wird – zusammen mit dem Zurückziehen der Schultern – den Schultern einigen zusätzlichen Druck ersparen (Ich werde dies später noch in diesem Artikel erklären).
Der Griff
Die Faustregel lautet, je enger der Griff, desto mehr sitzt der Schwerpunkt auf dem Trizeps. Ein weiterer Griff bedeutet ein Mehr an Belastung für die Brustmuskeln.
Es ist jedoch nicht so einfach, wie es scheint. Zunächst hat ein sehr enger Griff fragwürdige Vorteile, wenn man ihn mit dem engen Griff (etwas weniger als schulterbreit) vergleicht. Er kann damit gerechtfertigt werden, dass der Trizeps aus einem anderen Winkel belastet wird, insbesondere wenn man ihn damit kombiniert, die Daumen neben den anderen Fingern zu halten, aber er ist nicht “besser”.
Zweitens, ein sehr weiter Griff belastet die Schultern mehr, aber nicht so, wie man es gern möchte. Bankdrücken im weiten Griff hat im Vergleich zum mittleren Griff beim Bankdrücken keine wirklichen Vorteile, neigt aber dazu, die Schultern viel mehr zu schädigen.
Deswegen sollte das Bankdrücken im weiten Griff vermieden werden.
Nachteile
Leider ist das Bankdrücken keine solch “perfekte” Übung, wie manche es gern darstellen würden.
Um das Problem beim Bankdrücken zu verstehen, kann man einen kleinen Versuch machen. Dazu legt man sich auf die Bank und bringt die leeren Hände in die gleiche Position, die sie hätten, wenn man eine Langhantel nahe an der Brust halten würde. Jetzt wird die imaginäre Belastung hoch gedrückt (vergesst die Langhantel, drückt einfach, als würdet ihr einen großen Betonblock vor euch wegschieben).
Schaut euch nun eure Hände an. Da seht ihr, dass die Hände viel näher beieinander sind, als zu Beginn der Bewegung. Warum? Weil die Schultern natürlich als Scharniere dienen. Deswegen folgen die Hände einer Kurvenbahn und keiner Geraden.
Nimmt man sich nun ein Paar Kurzhanteln und führt die gleiche Bewegung noch einmal aus, wird sich nichts verändern: die Kurzhanteln schränken den natürlichen Bewegungsverlauf der Hände nicht ein.
Aber mit der Langhantel gibt es da ein Problem. Hat man einmal eine Langhantel ergriffen, bleibt keine andere Wahl: der Abstand zwischen den Händen ist von Anfang bis Ende der Bewegung unverändert.
Der Unterschied muss aber irgendwo aufgefangen werden. Beim Bankdrücken im engen Griff ist das kein Problem, weil sich die Ellenbogen neben dem Rumpf bewegen.
Bei der Technik für das Powerlifting wird dieser Unterschied durch das zurückziehen der Schultern (Zusammendrücken der Schulterblätter) aufgenommen und durch das dicht am Rumpf Halten der Ellenbogen).
Beim klassischen Bankdrücken im mittleren Griff sind es die Schultern, die mit all diesem Druck fertig werden müssen. Was am meisten darunter leidet, ist ein ziemlich kompliziertes System, das Rotatorenmanschette genannt wird – die vier Muskeln und ihre Sehnen spielen für die Schulterbewegungen eine sehr große Rolle.
Verletzungen der Rotatorenmanschetten sind sehr häufig und nur wenige Menschen erkennen, dass der häufigste Grund solcher Verletzungen das Bankdrücken ist.
So ist es kein Zufall, dass jede anständige Maschine für das vertikale Drücken (Drücken an der Maschine) so konzipiert ist, dass sie die menschliche Anatomie respektiert: Die Drückbewegung wird mit weiterem Abstand der Hände begonnen und endet mit einem engeren.
Alternativen
Bankdrücken mit Kurzhanteln – das Verwenden von Kurzhanteln statt einer Langhantel beim Bankdrücken hat mehrere Vorteile.
Erstens ist der Abstand zwischen den Händen nicht fest, sodass die Übung weniger Probleme an den Rotatorenmanschetten verursacht, als es das Bankdrücken mit einer Langhantel tut.
Zweitens werden zusätzlich stabilisierende Muskeln beansprucht. Drittens arbeiten beide Körperseiten zur gleichen Zeit.
Manche Menschen glauben nicht, dass das Bankdrücken mit Kurzhanteln im Vergleich zum klassischen Bankdrücken eine Masseübung ist. Manche Bodybuilder haben einfach ein unterbewusstes Problem mit dem Wechsel vom Bankdrücken zu einer anderen Übung.
Deswegen möchte ich eine Studie aus dem Jahr 2005 erwähnen, die von Welsch, Bird und Mayhew (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15903389 ) durchgeführt wurde und das Bankdrücken mit einer Langhantel, das Bankdrücken mit Kurzhanteln sowie Kurzhantel-Flyes miteinander vergleicht. Die Autoren haben die Aktivierungszeiten und Konzentrationen für die Brust- und Deltamuskel gemessen. Die Studienergebnisse zeigten deutlich, dass das Bankdrücken mit Kurzhanteln dem Bankdrücken mit der Langhantel in allen Aspekten gleicht (Kurzhantel-Flyes aktivierten die Muskelfasern in einem geringen Maße).
Das Bankdrücken an der Maschine ist eine Übung, die die hauptsächlich beanspruchten Muskeln isoliert – die Brustmuskeln, den Trizeps und die Deltas. Die stabilisierenden Muskeln spielen keine aktive Rolle. Der Vorteil ist, wie schon erwähnt, dass die Maschinen so entworfen wurden, dass sie die Anatomie der Schultern respektieren und somit die Muskeln und Sehnen der Rotatorenmanschetten weniger beschädigen.
Das Heben freier Gewichte ist im Vergleich zum Training an der Maschine für ernsthaften Muskelzuwachs jedoch immer besser geeignet.
Bankdrücken an der Multipresse – über die Nützlichkeit der Multipresse gibt es in der Gemeinschaft der Bodybuilder viel Streit. Während einige behaupten, dass die Übungen (einschließlich des Bankdrückens) ebenso effizient sind wie das Heben von freien Gewichten, schwören andere auf freie Gewichte.
Wie diese Studie (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20093960 )von Schick und Kollegen aus dem Jahr 2010 zeigt, ist die letztere Meinung näher an der Wahrheit dran. Bankdrücken mit der Langhantel scheint die Muskelfasern mehr zu aktivieren als beim Bankdrücken an der Multipresse.
Ich persönlich glaube, dass das Heben von freien Gewichten immer zu einem größeren Muskelumfang führen wird und sich die Kraft im Vergleich zu isolierteren Übungen, einschließlich denen an der Multipresse, vergrößert.
Stehendes Drücken am Kabelzug – diese Übung ist eine interessante Alternative zum Bankdrücken. Der Vorteil des stehenden Drückens am Kabelzug ist, dass eine Vielzahl der hinteren Rumpfmuskeln beansprucht wird. Deswegen ist es besonders für das Ganzkörper- oder Coretraining geeignet.
Die hinteren Muskeln sind trotzdem immer schwächer als die großen Muskelgruppen, wie z. B. die Brustmuskeln.
Deshalb sind sie der einschränkende Faktor bei dieser Übung. Mit anderen Worten kann man nicht mit demselben Widerstand trainieren wie beim Bankdrücken, da man mit einem solchen Gewicht einfach nicht in der Lage wäre zu stehen.
Natürlich haben wir eine wissenschaftliche Studie parat, die diese Position bestätigt: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18076235
Schräg- und Negativbankdrücken
Unter den Bodybuildern existiert landläufig die Meinung, dass das Bankdrücken auf einer Schrägbank den Schlüsselbein- (oberen) Teil der Brustmuskel aktiviert, während das Negativbankdrücken den Brustbein-Rippen- (unteren) Teil des Brustmuskels aktiviert.
Im Jahr 1995 verwendeten C. Barnett, V. Kippers und P. Turner von der University of Queensland, Australien die Elektromyographie (EMG), um die tatsächliche Aktivierung der Muskelfasern in verschiedenen Teilen der Brust während des Bankdrückens auf der Flach-, Schräg- und Negativbank mit verschiedenen Griffarten zu messen.
Die Ergebnisse der Studie waren überraschend und wir können sogar sagen, schockierend:
- Das Schrägbankdrücken führt nicht zu einer vermehrten Aktivierung des klavikularen Kopfes des Musculus pectoralis major als beim horizontalen Drücken.
- Der Abstand zwischen den Händen wirkt deutlich auf die Aktivität des klavikularen Kopfes des Musculus pectoralis major und den langen Kopf des Musculus triceps brachii ein, ein enger Abstand erzielt eine größere Reaktion.
- Der Einsatz der Negativbank zur Einbeziehung des Brustbein-Rippen-Kopfs des Musculus pectoralis major ist nicht gerechtfertigt, da die EMG-Aktivität, die man aus jedem Handabstand beim horizontalen Drücken gewinnt, diejenige übersteigt, die durch das Schrägbankdrücken hervorgerufen wird.
Wow. Es entstehen also überhaupt keine Vorteile durch die Schräg- oder Negativbank, zumindest nicht für die obere und untere Brustmuskulatur. Und die einzige Übung, die einen Vorteil für die oberen Brustmuskeln zu haben scheint, ist das Bankdrücken im engen Griff…
Laut der Studie ist die einzige Auswirkung des Schrägbankdrückens, dass der vordere Deltamuskel (der vordere Teil der Schultern) mehr beansprucht wird. Je größer also der Neigungswinkel, desto höher ist die Beanspruchung des vorderen Deltamuskels und desto geringer die der Brustmuskeln.
Schubgeschwindigkeit/Dynamik
Während die Geschwindigkeit wahrscheinlich fast keine Auswirkung auf das Muskelwachstum hat, ist ihre Auswirkung auf die Kraft erheblich und nachgewiesen.
Bei manchen Leistungssportarten (besonders beim Gewichtheben) ist die dynamische Ausführung einer Übung entscheidend.
Aber kann eine erhöhte Geschwindigkeit die persönliche Maximalleistung beim Bankdrücken optimieren? Ihr wettet, es kann und es kann. Eine 2012 veröffentlichte italienische Studie (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22318559) untersuchte zwei Gruppen von Sportlern: die erste Gruppe trainierte zwei Mal in der Woche Bankdrücken mit maximaler Geschwindigkeit, wohingegen die zweite Gruppe auch zwei Mal wöchentlich trainierte, allerdings mit “normaler” bzw. “selbst-gewählter” Schubgeschwindigkeit.
Die Sportler in beiden Gruppen hatten schon langjährige Erfahrungen mit Krafttraining.
Die Verbesserung in der ersten Gruppe (mit maximaler Schubgeschwindigkeit) betrug mehr als 10 % von 1 RM, bei der zweiten Gruppe dagegen war es weniger als 1 %.
Übungen für die Rotatorenmanschetten
Durch das Hinzufügen von Übungen für die Rotatorenmanschetten in den Trainingsplan kann man seine 1 RM beim Bankdrücken deutlich erhöhen. Starke Rotatorenmanschetten machen das Bankdrücken sicherer und geben den anderen, in dieser komplexen Übung beanspruchten Muskeln die nötige Unterstützung.
Die Bedeutung der Rotatorenmanschetten für das Bankdrücken und die gesamte muskuläre Entwicklung kann nicht überbewertet werden. Ihr könnt mir vertrauen, wenn ich sage, dass jede Minute, die ihr in das Training der RM investiert, euch riesige Erfolge bezüglich der Kraft und Sicherheit bescheren wird.