
Casein – Held oder Bösewicht
Highlights:
-Casein ist eine sehr gute Quelle für langsam wirkendes Eiweiß
-Casein wird aus Molke (oder anderen Teilen der Milch) gewonnen und wird mit Krebs und anderen Krankheiten in Verbindung gebracht
-Molkeprotein schützt den Körper gegen die negative Effekte von Casein
-Casein wirkt am besten mit Molkeprotein
***
Casein ist der gleiche Name, der eine Gruppe von verwandten Proteinen beschreibt, die zu ca. 80 % in der Kuhmilch vorkommen. Bei der Käseherstellung wird Casein aus der Molke (die früher als unnützes Nebenprodukt galt) isoliert und das Endprodukt (Käse, Quark) ist fast 100 % Casein.
Held
Casein – sowohl in Käse als auch in Form von Puder – war unter Bodybuildern wegen seiner langsam freigesetzten Eiweiße berüchtigt. Die Bio-Verfügbarkeit (BW – Biologiv Value) von Casein ist nicht sehr hoch (77 im Vergleich zu Molke-Isolat mit bis zu 159), aber es hat die besondere Eigenschaft, eine Verstopfung im Magen zu formen, die ungefähr 5 Stunden Proteine bieten kann (im Gegensatz zu 1,5 Stunden für Molkeproteindrinks).
Auf diese Weise kann Casein in jeder Situation, in der die Eiweißeinnahme für eine verlängerte Zeit begrenzt ist, von großem Nutzen sein. Die meisten Bodybuilder benutzen Casein (tatsächlich Käse essen), bevor sie schlafen gehen und vermeiden jede mögliche Verwendung von Muskelprotein für die normalen metabolischen Bedürfnisse während der Nacht.
Das ist nicht alles. Es scheint, dass Casein wahrscheinlich den gehegten Liebling von Bodybuildern und Trainern schlagen kann, das mächtige Molkeprotein.
Eine Studie von Demling/Desanti vom Brigham and Women’s Hospital, Boston, Mass. (Effect of a Hypocaloric Diet, Increased Protein Intake and Resistance Training on Lean Mass Gains and Fat Mass Loss in Overweight Police Officers) verglich 3 Gruppen übergewichtiger Personen: die erste Gruppe erhielt Nahrungsergänzungsmittel, die zweite Gruppe Molkeprotein und die dritte Gruppe verwendete Casein.
Die Ergebnisse waren überraschend: die Casein-Gruppe schnitt wesentlich besser als die Molkeprotein-Gruppe ab – bei Kraftzuwachs, Fettverlust und Muskelmassezuwachs. Mit den Worten des Autors: „Der entscheidende Unterschied in der Körperzusammensetzung und Kraft beruht wahrscheinlich auf der verbesserten Stickstoffretention und insgesamt antikatabolen Wirkungen, die durch die Peptidkomponenten des Caseinhydrolysats bewirkt werden.“
Bösewicht
Der Konsum von Casein wurde mit Krebs in Verbindung gebracht. Die Korrelation ist so offensichtlich und auf mehrere Studien gestützt, dass sie nicht einfach ignoriert werden kann.
In dem Bestseller The China Study von 2004 argumentiert Professor T. Colin Campbell, das reine Formen tierischen Eiweißes – und besonders Casein – sowohl Brustkrebs wie auch andere Formen von Karzinomen verursachen kann. Das gleiche Buch zeigt die Beziehung zwischen Casein und Autoimmunerkrankungen (der Mechanismus hemmt die Vitamin D-Aktivierung in den Nieren).
Eine ebenfalls von T. Colin Campbell durchgeführte wichtige klinische Studie kam zu dem Ergebnis, dass sich alle Ratten einer Gruppe, die mit Aflatoxin und 20 % Casein gefüttert wurden, im Vorkrebsstadium befanden, während sich keine der Ratten, die mit Aflatoxin und 5 % Casein gefüttert wurden, darin befand.
Viele klinische Studien verbinden Krebs mit tierischen Eiweißen im Allgemeinen und raten zu einer vorwiegend pflanzlichen Ernährung.
Allerdings gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass es bei Molkeeiweiß (die anderen 20 % der Milch) schützende, Anti-Krebs-Eigenschaften gibt.
Es kann mit Sicherheit gesagt werden, dass jegliche durch Milch verursachte Gesundheitsprobleme immer mit Casein und niemals mit Molkeeiweiß in Zusammenhang gebracht wurden.
Es ist interessant zu erwähnen, dass im vorindustriellen China Kuhmilch praktisch völlig unbekannt war und viele Chinesen die vielen Krankheiten, die den Westen plagten, gar nicht kannten.
Wir hören oft, dass die Verbindung zwischen Casein und Krebs auf der Arbeit von T.C. Campbell basiert. Das ist aber nicht präzise. Die meisten Studien verwendeten einfach nicht nur Casein, sondern untersuchten es zusammen mit anderen „Bösewichten“. Nach wie vor steht jedoch das Casein zusammen mit anderen Verdächtigen wie tierischen Eiweißen und Fetten unter dringendem Tatverdacht, Krebs zu verursachen.
Ein Beispiel ist die Studie von 1990, die schlussfolgert: „So fördert eine Ernährung, die aus 20 % Saccharose oder 40 % Casein und Rindertalg gekocht wurde, das Wachstum von Dickdarm-Mikroadenomen bei Ratten und Mäusen und scheint Promotoren für Darmkrebs zu enthalten.“ (Promotion of Colonic Microadenoma Growth in Mice and Rats Fed Cooked Sugar or Cooked Casein and Fat).
Der Autor Ori Hzu schreibt, dass „insbesondere thermolysiertes Casein das Wachstum von aberranten Kryptenherden (ACF Tumoren) und Darmkrebs verursacht.”, der sein Statement auf mehrere klinische Studien stützt.
In einer wissenschaftlichen Arbeit von 1964, Autoren sind H. Shay, M. Gruenstein und M.B. Shimkin kommt man zum Schluss, dass „Futter, das große Anteile (27 – 64 %) enthielt, förderte die Entwicklung von Mamma Adenokarzinomen in weiblichen Ratten der Wistarkette, denen täglich 3-Methylcholanthren in den Magen geträufelt wurde.“
C.N.S. McLachlan untersuchte die Langzeitkorrelation zwischen Caseinkonsum und Sterblichkeit durch ischämische Herzkrankheiten. Der Autor entdeckte eine starke Korrelation zwischen Caseinkonsum, ischämischen Herzkrankheiten und auch zwischen Caseinkonsum und Diabetes vom Typ I.
1949 vermuteten die Autoren A. Tannenbaum und H. Silverstone, dass eine größere Eiweißaufnahme Tumore positiv beeinflussen konnte. Zufällig experimentierten sie mit Casein und für Hepatome konnten sie eine positive Korrelation nachweisen: je mehr Casein in der Nahrung, desto mehr Hepatome in Mäusen.
X.M. Zhang und Kollegen (1992) fanden heraus, dass thermolysiertes Casein Darmkrebs bei Ratten verursacht.
1985 untersuchten M.G. Le, L.H. Moulton, C. Hill und A. Kramar 1 010 Fälle von Brustkrebs in Frankreich im Vergleich zu einer Kontrollgruppe von 1 950 Personen mit nicht malignen Erkrankungen. Ihr Urteil: „Das Risiko von Brustkrebs konnte positiv mit der Häufigkeit von Käsekonsum in Verbindung gebracht werden.“
Was sollen wir davon halten?
Was bedeutet das also unterm Strich? Sollen wir wirklich aufhören, dieses sehr beliebte und offenbar nützliche Eiweiß zu uns zu nehmen? Nun, das liegt wirklich bei jedem selbst. Die wissenschaftlichen Untersuchungen sind nicht schlüssig.
Zumindest hat eine Untersuchung (von 1952 Engel/Copeland The Influence of Dietary Casein Level on Tumor Induction with 2-Acetylaminofluorene) ergeben, dass Ratten, die mit 9 % Casein gefüttert wurden eine höhere Krebsverbreitung hatten als diejenigen, die mit 60 % Casein in der Nahrung gefüttert wurden. Zu erwähnen ist, dass die Autoren selbst die niedrigere Krebsrate auf die niedrigere Kalorieneinnahme zurückführten, da in der ersten Gruppe Zucker als Substitut für Casein verabreicht wurde.
Unsere eigene Schlussfolgerung ist, dass der Verzehr großer Mengen Casein riskant ist und mehr Forschung betrieben werden muss, die dessen Sicherheit begründet.
Casein plus Molke macht den Trick
Während der starke Verdacht besteht, dass isoliertes Casein (und wir meinen nicht nur das Puder, jeder Käse ist im Wesentlichen isoliertes Casein aus Molke, der anderen Milchkomponente) eine große Anzahl von ernsthaften Gesundheitsproblemen verursachen kann, gibt es deutliche Hinweise darauf, dass Molkeeiweiß diese Nebenwirkungen ausgleichen und ausmerzen kann.
Schließlich gibt es ein Gleichgewicht in der Natur. Natürlich vorkommende Milch besteht aus Casein und Molke und das sollte die stärkste und sicherste Kombination sein. Und das scheint auch wirklich so zu funktionieren. In einer Untersuchung, die 3 Gruppen von Sportlern vergleicht, wurde einer Molke und Casein gegeben, der zweiten Gruppe wurde Molkeeiweiß mit BCAA (verzweigtkettigen Aminosäuren ) und L-Glutamin gegeben und der dritten ein Placebo verabreicht.
Die erste Gruppe (Casein + Molke) konnte viel mehr Muskelmasse erzielen als die zweite (Molke + BCAA + Glutamin) und die dritte (Placebo).
Was ist also mit Milch trinken?
Wie schon erwähnt, ist Milch ein natürliches, perfekt ausgewogenes Produkt aus den zwei (jedenfalls für Bodybuilder) wertvollsten Eiweißen: Molkeeiweiß und Casein.
Das einzige Problem mit Kuhmilch ist, dass sie für Kälber geschaffen wurde und nicht für Menschen.
Volle 75% von uns leiden unter Laktoseintoleranz (also einer Unverträglichkeit des Hauptkohlenhydrats in der Milch) und hier hören die Probleme mit der Kuhmilch nicht auf (mehr dazu im Artikel MILCH)
So ist das Molkeeiweiß viel wertvoller, wenn es hydrolysiert ist (in Peptide gespalten) – der Körper wird keine Energie für die Verdauung verschwenden, aber er kann die Aminosäuren direkt verbrauchen.
Deswegen ist eine Kombination von Casein- und Molkeeiweißisolaten und –hydrolysaten ohne Laktose die bessere Wahl als die normale Kuhmilch. (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16937979 )